Rainforest Alliance, sei kein Frosch!

Aktion beendet. Vielen Dank für die Teilnahme!

Keine Angst vor existenzsichernden Kakaopreisen

Fair, öko, bio – wer wissen will, ob seine Lieblingsschokolade diese Kriterien erfüllt, verlässt sich auf die Siegel, die auf der Verpackung aufgedruckt sind.

Auch die Rainforest Alliance vergibt so ein Siegel: Fast jede dritte Kakaobohne auf der Welt wird durch die Rainforest Alliance zertifiziert. Nachhaltigkeit soll der kleine grüne Frosch garantieren – doch das stimmt so nicht. Denn bisher leben die meisten zertifizierten Bäuerinnen und Bauern unter der Armutsgrenze. Wir finden: Das ist nicht fair – und auch nicht nachhaltig!

Nach der Fusion mit UTZ Certified hat die Rainforest Alliance neue Kriterien für die Vergabe ihres Siegels erarbeitet. Das wäre die Gelegenheit gewese, einen existenzsichernden Mindestpreis für Kakao einzuführen – und damit auch die Lebenssituation der Kakaobäuerinnen und –bauern zu verbessern. Denn schon lange ist klar: Mit dem aktuellen Kakaopreis ist ein Leben in Würde für die Kakaobäuerinnen und -bauern kaum möglich.

Im Herbst 2019 hat INKOTA deshalb die Aktion „Rainforest Alliance: Sei kein Frosch!“ gestartet. Über 5.000 E-Mails wurden im Rahmen der Aktion an den Geschäftsführer der Rainforest Alliance geschrieben. Die Unterstützer*innen von INKOTA forderten damit: Die Rainforest Alliance muss endlich mutig vorangehen und den Kakaobäuerinnen und -bauern existenzsichernde Mindestpreise ermöglichen – denn sonst wird sie ihrem Anspruch als Nachhaltigkeitssiegel nicht gerecht.

Eine verpasste Chance

Nach mehrmaliger Verschiebung hat die Rainforest Alliance im Sommer 2020 endlich ihren neuen Zertifizierungsstandard veröffentlicht. Ein Teilerfolg: Zum Sommer 2022 will die Rainforest Alliance erstmals eine verpflichtende Mindestprämie einführen, die an die Kakaobäuerinnen und -bauern gezahlt werden muss. Vorher musste die Höhe der Prämien individuell von den Kooperativen mit den Unternehmen verhandelt werden. Die Höhe der Mindestprämie fällt mit 70 US-Dollar pro Tonne jedoch viel zu niedrig aus. Zum Vergleich: Fairtrade garantiert den Kooperativen eine Prämie von 240 US-Dollar pro Tonne.

Doch das noch viel größere Problem ist: Auch in Zukunft verzichtet die Rainforest Alliance auf garantierte, geschweige denn existenzsichernde Mindestpreise. Offensichtlich ist die Angst zu groß, dass Kakao- und Schokoladenunternehmen nicht bereit sind, höhere Preise oder Prämien für Kakao zu zahlen und dann lieber auf den grünen Frosch verzichten.

Das Fazit von INKOTA fällt deshalb enttäuschend aus: Die Rainforest Alliance hat eine wichtige Chance verpasst, die Lage der Kakaobäuerinnen und -bauern zu verbessern. Zugleich untergräbt sie die Bemühungen anderer Zertifizierer, die Lücke zu existenzsichernden Einkommen zu schließen. Denn solange es „billigere“ Nachhaltigkeitssiegel gibt, werden die Unternehmen nicht bereit sein, höhere Kakaopreise mitzutragen.

Hier unsere ausführlichere Bewertung des neuen Zertifizierungsstandards der Rainforest Alliance online lesen.

5 Minuten-Info:

Was ist ein existenzsicherndes Einkommen?

Ein Einkommen ist dann existenzsichernd, wenn eine Kakaobauernfamilie davon ihre Grundbedürfnisse wie Wohnen, Ernährung, Bildung und Gesundheitsversorgung für alle Familienmitglieder decken kann, und dieses Einkommen unter menschenwürdigen Arbeitsbedingungen erwirtschaftet wurde. Zusätzlich muss das Einkommen die Kosten für den Kakaoanbau abdecken wie zum Beispiel Ausgaben für Werkzeuge, Setzlinge, Dünger oder Pachtlizenzen. Aktuell ist die Mehrheit der Kakaobäuerinnen und -bauern in Westafrika davon weit entfernt: Eine typische Kakaobauernfamilie in der Côte d'Ivoire müsste etwa das Dreifache verdienen, damit ihr Einkommen existenzsichernd ist. Studien zeigen: Wirklich schließen, lässt sich die Lücke zum existenzsichernden Einkommen nur, wenn die Kakaobäuerinnen und -bauern einen höheren Preis für den Kakaoanbau erhalten.

Wie hoch sollte der Kakao-Mindestpreis liegen, damit er existenzsichernd ist?

Fairtrade hat berechnet, dass ein existenzsichernder Preis für Kakao in der Côte d'Ivoire mindestens 3.467 US-Dollar pro Tonne betragen müsste. Zum Vergleich: Aktuell (im Februar 2020) liegt der Weltmarktpreis für Kakao bei rund 2.600 US-Dollar. Viele Expert*innen im Kakaosektor sagen jedoch, dass sich der Preis pro Tonne sogar verdreifachen müsste, um existenzsichernd zu sein. Denn die Möglichkeiten für andere Einkommensquellen sind begrenzt und die Erfahrungen der letzten zwanzig Jahre haben gezeigt, dass die meisten Bäuerinnen und Bauern kaum Produktivitätssteigerungen im Kakaoanbau erreichen.

Warum soll Rainforest Alliance einen Kakao-Mindestpreis einführen?

Rainforest Alliance versteht sich selbst als Nachhaltigkeitssiegel. Nachhaltigkeit hat aber nicht nur eine ökologische, sondern auch eine wirtschaftliche und soziale Dimension. Kakao lässt sich daher nur nachhaltig anbauen, wenn die Bäuerinnen und Bauern ein existenzsicherndes Einkommen erwirtschaften. Das können sie nur, wenn der Preis für Kakao steigt. Passiert das nicht, werden Kinderarbeit und schlechte Anbaumethoden weiter ein Problem im Kakaoanbau bleiben. Beides ist eine Folge der Armut unter Kakaobauernfamilien. Die Mehrheit der zertifizierten Kakaobäuerinnen und -bauern in der Côte d'Ivoire und Ghana lebt unterhalb der Armutsgrenze. Hier kommen mehr als zwei Drittel des von Rainforest Alliance zertifizierten Kakaos her. Die Kakaobäuerinnen und -bauern arbeiten sehr hart, um die Standards von Rainforest Alliance einzuhalten. Und trotzdem erhalten sie für ihre Arbeit einen Preis, der ein Leben in Würde unmöglich macht. Denn bisher sieht der Standard von Rainforest Alliance keine Instrumente vor, um die Bäuerinnen und Bauern vor niedrigen und schwankenden Weltmarktpreisen zu schützen. Bislang tragen allein die Kakaobäuerinnen und -bauern das Risiko von fallenden Kakaopreisen an der Börse. Das ist nicht fair! Denn Rainforest Alliance kann mit einem Mindestpreis verhindern, dass Kakaobäuerinnen und -bauern bei einem Preisverfall für Kakao noch weiter in die Armut rutschen.

Was ist die Gefahr, wenn Rainforest Alliance keine Instrumente einführt, mit denen ein existenzsicherndes Einkommen erreicht wird?

Solange es ein „billigeres“ Siegel gibt, besteht die Gefahr, dass Unternehmen bei Fairtrade aussteigen, statt eine Erhöhung des Kakao-Mindestpreises mitzutragen. Dieser Unterbietungswettbewerb zwischen den beiden größten Siegelorganisationen wird die Bemühungen um existenzsichernde Einkommen für Kakaobäuerinnen und -bauern untergraben. Die Folge wird sein: Rainforest Alliance und Fairtrade werden auch in Zukunft die Armut der Kakaobauern und -bäuerinnen zertifizieren.

Bezahlt Rainforest Alliance eine Prämie an zertifizierte Kakaobäuerinnen und -bauern?

Die Rainforest Alliance will ab Juli 2022 erstmals eine Mindestprämie von 70 US-Dollar pro Tonne Kakao einführen, die direkt an die Kakaobäuerinnen und -bauern gezahlt werden muss. Neben dieser Cash-Prämie müssen die Schokoladenhersteller künftig auch eine Investitionsprämie bezahlen. Wie hoch diese Prämie ausfällt, die den Kakaokooperativen für Investitionen in die Infrastruktur und verbesserte Anbaumethoden dienen soll, soll erst 2021 festgelegt werden.

Die Höhe der Mindestprämie ist angesichts der Herausforderungen im Kakaosektor jedoch deutlich zu niedrig. Zum Vergleich: Fairtrade garantiert den Kakao-Kooperativen eine Prämie von 240 US-Dollar pro Tonne Kakao.

Wie groß ist der Einfluss von Rainforest Alliance im Kakaosektor?

Die Rainforest Alliance ist seit der Fusion mit UTZ Certified Ende Oktober 2018 die größte Zertifizierungsorganisation im Kakaobereich: Rund 40 Prozent der weltweiten Kakaoproduktion wird durch sie zertifiziert. Das Kakaoprogramm von Rainforest Alliance erreicht nun ca. 1 Millionen Kakaobäuerinnen und -bauern in 21 Ländern. Zum Vergleich: Fairtrade zertifiziert nur etwa 6 Prozent der weltweiten Kakaoproduktion.

Wie erkenne ich, ob der Kakao in meiner Schokolade von Rainforest Alliance zertifiziert ist?

Schokoladenunternehmen, die von Rainforest Alliance zertifizierte Kakaobohnen verwenden, können momentan auf die Schokoladenverpackung entweder das rot-weiße Siegel von UTZ oder das Frosch-Siegel von Rainforest Alliance drucken (die beiden Siegel sind Ende 2018 fusioniert). In Zukunft wird nur noch der Frosch auf der Schokolade zu finden sein. Es besteht allerdings keine Pflicht, eines der Siegel zu verwenden. Viele Schokoladenunternehmen – wie beispielsweise FERRERO – verwenden kein Siegel, obwohl sie zertifizierten Kakao verwenden. Für Schokoladenliebhaber*innen ist dadurch nicht nachvollziehbar, ob und wenn ja von wem der verwendete Kakao zertifiziert wurde. INKOTA fordert deshalb von allen Unternehmen, dass sie transparent darlegen, von wem sie den Kakao zertifizieren lassen und wie hoch der Anteil des zertifizierten Kakaos in ihren Produkten ist.

Welche Standards müssen Kakaobäuerinnen und -bauern für Rainforest Alliance einhalten?

Rainforest Alliance hat einen umfangreichen Standardkatalog, der von den Kakaobäuerinnen und -bauern eingehalten werden muss. Hierzu gehören Kernstandards wie die Wahrung internationaler Menschen- und Arbeitsrechte und das Verbot ausbeuterischer Kinderarbeit. Zudem müssen sie landwirtschaftliche Methoden umsetzen, die umweltverträglich sind. So dürfen sie keine Bäume abbrennen, um neues Farmland zu erschließen. Sie müssen sich an Regeln bei der Düngung halten, Schädlinge und Krankheiten der Bäume melden und Schattenbäume pflanzen. Zudem müssen sie Schutzkleidung tragen, wenn sie Pestizide ausbringen. Die Einhaltung der Standards wird allerdings nur einmal im Jahr überprüft.

Ist Fairtrade das bessere Siegel?

Mit der Berechnung eines Referenzpreises für existenzsichernde Einkommen in Ghana und der Côte d'Ivoire hat Fairtrade deutlich gemacht: Der Preis, den Kakaobäuerinnen und -bauern aktuell erhalten, ist nicht fair. Als Konsequenz hat Fairtrade zum Oktober 2019 seinen Kakao-Mindestpreis auf 2.400 US-Dollar pro Tonne und die garantierte Prämie auf 240 US-Dollar pro Tonne erhöht. Der von Fairtrade garantierte Mindestpreis ist ein wichtiges Sicherheitsnetz, das im Rainforest Alliance-System fehlt. Durch fehlende Mindestpreise und niedrigere Prämien untergräbt Rainforest Alliance die Bemühungen von Fairtrade, existenzsichernde Preise schrittweise zu verwirklichen. Für Fairtrade besteht bei einer weiteren Anhebung des Mindestpreises auch die Gefahr, dass Unternehmen auf das günstigere Siegel der Rainforest Alliance ausweichen. Dennoch muss gesagt werden: Auch wenn Fairtrade erste Schritte in die richtige Richtung unternommen hat, liegt der Kakao-Mindestpreis immer noch deutlich unter dem, was Fairtrade selbst als existenzsichernd berechnet hat.

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